Von Angst zu Zuversicht: Wie Lehrkräfte Schüler*innen mit Schulangst helfen können

Von Angst zu Zuversicht: Wie Lehrkräfte Schüler*innen mit Schulangst helfen können

Stell dir vor, du trittst morgens in deine Klasse und blickst in die Gesichter deiner Schüler*innen. Jedes einzelne verbirgt Geschichten, Träume, aber auch Ängste. Schulangst ist eine davon, die leiser und doch gewaltiger sein kann, als wir oft glauben. Diese Angst kann die Flamme der Neugier und des Lernwillens in einem Kind löschen. Aber genau hier kannst du, als Lehrkraft, einen entscheidenden Unterschied machen.

Die gute Nachricht ist: Du hast bereits den ersten Schritt getan, indem du dich mit diesem Thema auseinandersetzt. Du erkennst an, dass Schule mehr sein sollte als nur ein Ort des Lernens – sie sollte ein sicherer Hafen sein, in dem sich jedes Kind wertgeschätzt und verstanden fühlt.

Was sollte unser Ziel sein? Den Übergang von Angst zu Zuversicht zu unterstützen. Wir wollen Schulen zu Orten machen, an denen Schüler*innen nicht nur schulisch, sondern auch emotional und sozial wachsen können. Deine Rolle dabei ist unersetzlich.

Aber wo kommt Schulangst überhaupt her?

Schulangst verstehen

Schulangst ist ein komplexes Phänomen, das tiefer geht als die gelegentliche Nervosität vor einem Test. Es sind durchgehende Sorgen, die Schüler*innen in ihrem Alltag begleiten und tiefgreifend beeinflussen können. Doch was steckt eigentlich dahinter, und wie zeigt sie sich? Lass uns diese Fragen gemeinsam entwirren.

Ursachen von Schulangst:

  • Leistungsdruck: In einer Welt, die ständig Leistung fordert, fühlen sich viele Kinder überfordert. Die Angst, nicht zu genügen, kann lähmend sein. Oft kommt dieser Druck auch von zuhause, aus diversen Gründen (Eltern, Vergleichen mit den Geschwistern, kulturelle Gründe etc.).
  • Soziale Faktoren: Hänseleien, Ausgrenzung oder Streit mit Mitschüler*innen sind häufige Ursachen für Schulangst. Diese sozialen Stressoren können das Gefühl der Zugehörigkeit stören.
  • Veränderungen und Unsicherheiten: Wechselnde Umgebungen, Lehrkräfte oder Schulsysteme können Unsicherheiten schaffen, die Angstzustände fördern. Beispiele hierfür wären Schulwechsel wie bspw. von einer Schulform wie Volksschule in die Mittelschule oder Wechsel von Gymnasium in die Mittelschule.

Symptome von Schulangst:

  • Körperliche Reaktionen: Bauchschmerzen, Kopfschmerzen oder Übelkeit am Morgen sind oft keine Ausreden, sondern reale Symptome von Schulangst. Diese Symptome sind psychosomatisch, was bedeutet, dass sie durch den psychischen Stress tatsächlich entstehen, bei physiologischen Abklärungen aber nicht erklärt werden können.
  • Vermeidungsverhalten: Häufiges Zuspätkommen, Vermeiden bestimmter Stunden oder das häufige Krank sein sind Anzeichen dafür, dass Schüler*innen versuchen, der Angstquelle auszuweichen.
  • Emotionale Anzeichen: Gereiztheit, Rückzug oder plötzliche Stimmungsschwankungen können Hinweise auf tiefer liegende Ängste sein.

Auswirkungen auf Lernen und Wohlbefinden:

  • Schulische Leistung: Schulangst kann die Konzentration stören und zu Lernblockaden führen. Langfristig kann dies zu schlechteren Leistungen und einer ablehnenden Haltung gegenüber dem Lernen und Schule allgemein führen.
  • Soziale Isolation: Kinder und Jugendliche, die Schulangst erfahren, ziehen sich oft zurück und möchten für sich sein.
  • Emotionale Folgen: Unbehandelte Schulangst kann zu ernsteren psychischen Problemen führen, einschließlich Depressionen und Angststörungen.

Schulangst erkennen

Das Erkennen von Schulangst ist eine Herausforderung, mit der wir alle zwangsläufig in der Schule konfrontiert sein werden. Daher ist es umso wichtiger auf Anzeichen sensibilisiert zu sein. Hier sind einige Schlüsselaspekte, die dir helfen können, die oft subtilen Signale zu identifizieren:

Signale und Warnzeichen:

  • Verändertes Verhalten: Zurückziehen, Zeit alleine verbringen, Leistungsabfall, fehlende Hausaufgaben oder regelmäßiges Fehlen in der Schule können Anzeichen für Schulangst sein.
  • Körperliche Symptome: Achte auf Kinder, die über wiederkehrende Bauchschmerzen oder Kopfschmerzen klagen, besonders an Schultagen.
  • Sozialer Rückzug: Schüler*innen, die sich von ihren Mitschüler*innen isolieren oder plötzlich Schwierigkeiten in sozialen Interaktionen zeigen, könnten Anzeichen von Schulangst haben.

Wertschätzende und akzeptierende Umgebung schaffen:

  • Offene Kommunikation: Ermutige zu einem offenen Dialog. Fragen wie „Wie fühlst du dich heute?“ können Türen öffnen.
  • Eine sichere Atmosphäre schaffen: Versichere, dass das Klassenzimmer ein sicherer Ort ist, um Gefühle und Ängste zu teilen.
  • Aktives Zuhören: Zeige, dass du ihre Sorgen ernst nimmst, ohne sofortige Lösungen oder Urteile anzubieten.

Das Erkennen und Ansprechen von Schulangst ist entscheidend, um eine Umgebung zu schaffen, in der sich alle Schüler*innen unterstützt und verstanden fühlen. Durch deine Achtsamkeit und dein Engagement kannst du den Grundstein für ein Klassenzimmer legen, in dem Lernen nicht durch Angst, sondern durch Neugier und Zuversicht geprägt ist.

Praktische Interventionen

Praktische Interventionen sind das Herzstück wenn es darum geht, Schüler*innen mit Schulangst zu unterstützen. Es geht darum, Strategien zu entwickeln, die nicht nur die Symptome lindern, sondern auch langfristig für ein angstreduziertes Lernumfeld sorgen.

Aufbau einer unterstützenden Klassenzimmerumgebung

  • Fördere Teamarbeit und Gruppenprojekte, um den Zusammenhalt und das Gefühl der Zugehörigkeit zu stärken.
  • Regelmäßig Sitzkreise, in denen Schüler*innen ihre Gedanken und Sorgen in einem geschützten Rahmen teilen können, wirken Wunder.

Positive Lernatmosphäre schaffen:

  • Betone die Bedeutung von Fortschritt statt Perfektion. Feiere kleine Erfolge und erkenne Anstrengungen an, nicht nur Ergebnisse.
  • Die Gestaltung des Klassenzimmers spielt ebenso eine zentrale Rolle wenn es um das Wohlbefinden deiner Schüler*innen geht. Wirkt es einladend und beruhigend? Pflanzen, bunte Wand und Raumgestaltung mit bspw. den Kunstwerken der Schüler*innen und eine angenehme Anordnung der Tische können das Wohlbefinden fördern.

Transparenz und Vorhersehbarkeit:

  • Informiere über den Ablauf des Tages und bevorstehende Aktivitäten, um Unsicherheiten zu reduzieren.
  • Biete klare Strukturen und Routinen, die den Schüler*innen Sicherheit vermitteln.

Tolle Tafelbilder findest du hier: Hier klicken.

Techniken und Methoden zur längerfristigen Angstbewältigung

Atemübungen und Entspannungstechniken:

  • Leite kurze Atemübungen zu Beginn oder während des Unterrichts an, um Anspannungen zu lösen und den Fokus zu erhöhen. Atemübungen vor Unterrichtsbeginn können deine Schüler*innen erden und fokussiert in den Unterricht starten lassen.
  • Führe Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung ein, die Schüler*innen auch außerhalb der Schule anwenden können.

Mindfulness und Achtsamkeitsübungen:

  • Integriere kurze Achtsamkeitsübungen in den Unterricht, um die Selbstwahrnehmung und den Umgang mit Stress zu verbessern.
  • Nutze Apps oder Audioanleitungen für geführte Meditationen, die speziell für Kinder und Jugendliche entwickelt wurden.

Kognitive Umstrukturierung:

  • Arbeite mit deinen Schüler*innen an der Identifikation von negativen Gedankenmustern und zeige ihnen, wie sie diese in positive umwandeln können. Du kannst Zeiten besprechen, in denen man mit sich selbst negative Selbstgespräche führt und wie man diese umformulieren kann.
  • Mit Rollenspielen oder Gruppendiskussionen, kannst du realistische Perspektiven auf herausfordernde Situationen fördern. Bespreche herausfordernde Situationen und wie man darauf reagieren kann. Hierzu eignen sich persönliche Erlebnisse oder Kinderbücher. Kindern gelingt es so am Besten sich einzufühlen und dadurch etwas für sich mit zu nehmen.

Geführte Meditationen für die Schule

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Literatur zum Thema:

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Weitere tolle Literatur zum Thema findest du hier:

Kartenset Achtsamkeit in der Schule: 60 Übungen für die Klasse

Achtsamkeit in der Schule: Stille-Inseln im Unterricht: Entspannung und Konzentration

Förderung von Resilienz und Selbstwirksamkeit

Zielsetzung und Problemlösungs-Fähigkeiten:

  • Hilf Schüler*innen, realistische Ziele zu setzen und Schritt-für-Schritt-Pläne zu ihrer Erreichung zu entwickeln. Die Kompetenz Dinge zu planen und zu Wissen wie man einen Plan aufstellen kann, hilft beim Umgang mit Stress. So werden aus einer groß scheinenden Aufgabe, kleine Einzelaufgaben die nicht mehr so angsteinflößend wirken.
  • Vermittle Techniken zur Problemlösung, die ihnen helfen, Herausforderungen eigenständig zu bewältigen. Methoden wie die Friedensbrücke oder Stationen in der Klasse, wo man selbstständig Streit lösen kann können hier hilfreich sein.

Stärkung des Selbstbewusstseins:

  • Baue regelmäßige Reflexionsrunden in euren Klassenalltag ein, in denen Schüler*innen über ihre Stärken und Erfolge nachdenken können. Hierzu gibt es verschiedene Methoden wie bspw. „die warme Dusche“ oder „der geheime Wichtel“.
  • Setze Peer-Mentoring-Programme auf, in denen ältere Schüler*innen jüngeren als Vorbilder und Unterstützer zur Seite stehen. Hierzu gibt es verschiedene Literatur die dich dabei unterstützen kann.

Literatur:

Mediation an Schulen verankern: Ein Praxishandbuch

Zusammenarbeit mit Eltern und Fachkräften

Einbezug der Eltern:

  • Biete Informationsabende oder Workshops für Eltern an, um sie über Schulangst aufzuklären und sie in die Unterstützungsprozesse einzubinden.
  • Ermutige zu einer offenen Kommunikation zwischen Schule und Elternhaus, um eine konsistente Unterstützung zu gewährleisten.

Vernetzung mit Schulsozialarbeit und Schulpsychologie:

  • Baue eine enge Zusammenarbeit mit Schulsozialarbeiter*innen und Psycholog*innen auf, um Schüler*innen gezielt unterstützen zu können.
  • Nutze die Expertise dieser Fachkräfte für Workshops, Soziales Lernen oder individuelle Beratungsgespräche.

Mithilfe der oben vorgestellten Interventionen fällt es leichter eine Umgebung zu schaffen, in der Schüler*innen lernen, mit ihrer Angst umzugehen, anstatt von ihr überwältigt zu werden. Es geht darum, ihnen Werkzeuge an die Hand zu geben, mit denen sie ihre Herausforderungen meistern und ein gesundes Selbstvertrauen aufbauen können. Deine Rolle ist beim Thema Schulangst unverzichtbar, denn du bist bist die wichtigste Bezugsperson deiner Schüler*innen und meist die erste Anlaufstelle. Durch dein Engagement und deine Empathie kannst du den Weg von Angst zu Zuversicht ebnen.

Abschließende Gedanken

Durch den gesellschaftlichen Wandel der letzten Jahre gibt es vermehrt Kinder die in einem schwierigen Umfeld aufwachsen. Sei es durch Scheidung, Tod, finanzielle Probleme oder andere Krisen. Viele Kinder kommen aus schwierigen Verhältnissen und erleben zuhause ein unsicheres Umfeld. Gerade für diese Kinder sollte Schule ein sicherer Ort sein, der ihnen Halt gibt. Der Weg von Angst zu Zuversicht ist sowohl für Schüler*innen als auch für Lehrkräfte eine Reise, die Mut, Geduld und Hingabe erfordert. Indem du dich aktiv für die Überwindung von Schulangst einsetzt, leistest du einen unschätzbaren Beitrag zum emotionalen und sozialen Wachstum deiner Schüler*innen. Hier sind einige abschließende Gedanken, die dich auf diesem Weg begleiten sollen:

Erkenne deine Rolle an: Du bist mehr als nur eine Lehrkraft; du bist ein*e Wegbereiter*in für Veränderung, ein*e Mentor*in, der/die das Klassenzimmer in einen Ort verwandelt, an dem Wachstum und Wohlbefinden Hand in Hand gehen.

Kultiviere Empathie und Geduld: Jedes Kind ist einzigartig und verdient einen individuellen Ansatz. Zeige Empathie und Geduld, denn Veränderung braucht Zeit.

Bleibe lernbereit: Die Landschaft der Bildung und des sozialen Lernens ist ständig im Wandel. Bleibe offen, neue Strategien zu lernen und anzupassen, um deinen Schüler*innen am besten zu helfen.

Fördere Zusammenarbeit: Denke daran, dass die Zusammenarbeit mit Kolleg*innen, Eltern und Fachkräften eine kraftvolle Ressource ist. Gemeinsam könnt ihr ein starkes Unterstützungsnetzwerk für Schüler*innen mit Schulangst bilden.

Zum Abschluss, vergiss nie die Macht, die du besitzt, um die Lebenswege der dir anvertrauten Kinder positiv zu beeinflussen. Durch dein Engagement, Schulangst zu erkennen, zu verstehen und zu bekämpfen, hilfst du nicht nur einzelnen Schüler*innen, sondern prägst die Kultur deiner Schule als Ganzes. Du legst den Grundstein für eine Generation, die lernt, mit Herausforderungen umzugehen, Resilienz zu entwickeln und mit Zuversicht in die Zukunft zu blicken.

Lass uns gemeinsam daran arbeiten, Schulen zu Orten zu machen, an denen Angst keinen dominierenden Platz einnimmt. Stattdessen sollen Zuversicht, Neugier und das Gefühl, verstanden und unterstützt zu werden, im Mittelpunkt stehen. Deine Rolle dabei ist unerlässlich. Dein Einfluss ist weitreichend. Machen wir den Unterschied – zusammen.

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Adnan

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